Bei der Überfahrt zur „großen Insel“ musste ich unwillkürlich an die „Fluch der Karibik“-Filme und die Pirateninsel Tortuga denken. Die Ilha Grande (ausgesprochen in etwa „ilja granschi“) ist, abgesehen vom kleinen Ort Vila do Abraão, fast flächendeckend dicht bewaldet. Bei unserer Anreise mit dem Schnellboot von Angra dos Reis lag eine dichte Nebeldecke über der Insel, die nur stellenweise von den höchsten Hügeln durchbrochen wurde. Hunderte kleine Fischerboote und Wassertaxis ankern in der Bucht. Große Hotels und Ferienanlagen – Fehlanzeige. Kleine bunte Häuser, vor allem Bars, Restaurants und „Pousadas“ (Pensionen) prägen das Bild der Strandpromenade.
Ein multilingualer Gastgeber – Unsere Unterkunft
Unsere Unterkunft, die Pousada Manacá, lag direkt am Strand und wird von einem sympathischen älteren Herrn, Gérard, betrieben. Wie der Name verrät, kommt Gérard ursprünglich aus Frankreich, spricht aber neben Französisch und Portugiesisch auch alle anderen Weltsprachen fließend. Beim ausgiebigen Frühstück mit jeder Menge frischem Obst erzählt er seinen Gästen gerne die eine oder andere Geschichte – natürlich in ihrer jeweiligen Landessprache. Die Unterkunft war insgesamt sehr nett und ruhig, nur leider auch etwas feucht, so wie eigentlich die ganze Insel. Selbst Badehose und Handtücher wollten tagelang einfach nicht so recht trocknen.
Kurze Geschichtsstunde
Die Ilha Grande ist ein Strandparadies mit einer bewegten Geschichte. Die Insel diente, wie könnte es auch anders sein, im 16. und 17. Jahrhundert als Rückzugsort für Piraten. Im 18. Jahrhundert wurde die Insel zum Dreh- und Angelpunkt des brasilianischen Sklavenhandels. Mit der Abschaffung der Sklaverei zum Ende des 19. Jahrhunderts fungierte die Ilha Grande zunächst als Quarantäne-Station für Immigranten zum Schutz vor der Cholera, danach als Lepra-Kolonie und schließlich als Gefängnisinsel für Schwerverbrecher. Erst 1993 wurde das Gefängnis geschlossen und die Entwicklung zum beliebten Urlaubsziel nahm langsam seinen Lauf. Welch ein Glück, denn die Insel mit ihren mehr als 80 Stränden ist ein echtes Highlight!
Reines Strandparadies? Auch Wanderparadies!
Kleiner Wehrmutstropfen aufgrund unserer Reisezeit: Wir erlebten auf der Insel drei durchgehend bewölkte Tage mit einigen Regenschauern. Der Vorteil: Da wir uns die Zeit nicht dauerhaft an einem der perfekten weißen Strände oder beim Schnorcheln vertreiben konnten, hatten wir ausreichend Zeit, die Ilha Grande zu Fuß zu erkunden. Es gibt jede Menge wunderschöne Wanderrouten von Strand zu Strand, quer durch den Regenwald der Insel. Wer es sportlich mag, kann auch die bis zu 1000 Meter hohen Hügel erklimmen, zum Beispiel den Pico do Papagaio, und wird dafür mit einer beeindruckenden Aussicht belohnt. Beim Wandern wird man sich erst der Ausmaße der Insel bewusst und versteht auch ohne Portugiesisch-Kenntnisse spätestens jetzt, was „Grande“ bedeutet.

Blick auf Vila do Abraão
Seafood & Caipirinha – Restaurant-Tipps
Die Abende kann man wunderbar in einem der diversen Restaurants direkt am Strand verbringen, die Füße im Sand und einen Caipirinha in der Hand. Vor allem Seafood ist natürlich ein Muss. Empfehlenswert ist das Cafe do Mar. Hier sind die Angestellten freundlich, die Musik chillig, die Caipirinhas kräftig und drei Mal wöchentlich gibt es ein phänomenales BBQ mit einer großen Auswahl an Fleisch und Fisch. Alles wird dann frisch im wuchtigen Smoker zubereitet. Wer es etwas ausgefallener mag, der sollte Dom Mario einen Besuch abstatten. Hier gibt es ausgezeichnete brasilianische Küche mit einem Touch von „haute cuisine“. Das liegt wohl daran, dass Mario sein Handwerk in einem französischen Restaurant gelernt hat, bevor er sich auf der Insel niederließ – so hat es uns zumindest Gérard erzählt. Besonders vom Fisch in Maracuja-Soße und vom Oktopus waren wir sehr beeindruckt.

Barbecue am Strand