Ich kann mich wage daran erinnern, dass mir irgendjemand mal erzählt hat, Brüssel sei keine schöne Stadt. Dieser Jemand kann meiner Ansicht nach eigentlich noch nie einen Fuß auf den Boden der belgischen Hauptstadt gesetzt haben. Jedenfalls hat er sicher nie den Grand Place oder irgendeine der Straßen und kleinen Gassen im Stadtkern betreten.
Brüssel ist vielerorts bildhübsch, abwechslungsreich und voller Leben. Ein intensiver Tag in Brüssel in drei Akten…
Erster Teil: Sightseeing – Alles beginnt am Grand Place
Brüssel lässt sich wunderbar erlaufen. Die Hauptattraktionen der Stadt liegen alle in einem überschaubaren Radius. Lediglich das weltberühmte Wahrzeichen Brüssels, das Atomium, das einst zur Weltaustellung errichtet wurde und eigentlich nur für ein paar Monate stehen bleiben sollte, liegt ein paar Kilometer außerhalb. Als Startpunkt unserer Sightseeing-Tour wählten wir den Grand Place, das unangefochtende Zentrum der Stadt. Hier kann man mit unzähligen Touristen das wunderschöne Rathaus mit seinem charakteristischen Turm bestaunen, der imposant über die Häuser der Stadt ragt. Am Grand Place ist allerdings jedes Gebäude ein absoluter Hingucker.

Rathaus am Grand Place
Nur wenige Schritte enfernt befindet sich eine weitere Schönheit Brüssels: Les Galeries Royales Saint-Hubert, eine wunderschöne Galerie, in der sich prunkvoll dekorierte Geschäfte aneinander reihen. Natürlich gibt es auch hier, wie überall im Innenstadtkern, jede Menge belgische Schokolade zu erstehen.

Les Galeries Royales Saint-Hubert
Über den Dächern Brüssels: Der Künstlerberg
Unsere nächste Station war der Künstlerberg, der Mont des Arts. Hier haben sich die meisten namhaften Museen Brüssels niedergelassen und die kleine Erhebung bietet einen wundervollen Blick über die Dächer der Stadt. Neben Highlights wie einem, dem bekanntesten belgischen Surrealisten bewidmeten, Magritte Museum oder dem Königspalast gibt es hier jede Menge schöne Kunsthandlungen und wunderbar altbackene Buchhandlungen zu entdecken. Zudem befindet sich eine wirklich sehenswerte Kirche, die Notre Dame Du Sablon, in unmittelbarer Nähe.
Europaviertel und Triumpfbogen
Durch den weitläufigen Parc de Bruxelles führte uns unsere Route durch das Europaviertel. Hier befinden sich die wichtigsten europäischen Institutionen, wie das Parlamentarium und diverse Botschaften. Am Wochenende ist das Viertel allerdings menschenleer und ein eher trister Part Brüssels. Erwähnenswert ist der Parc Léopold, in dem wir eine kurze Pause einlegten, bevor es weiter Richtung Jubelpark, bzw. Parc de Cinquantenaire ging. Hier läuft man für einige Hundert Meter schnurgerade auf die beeindruckenden Arcades, den Triumpfbogen Brüssels zu. Angezogen von lauter, martialisch anmutender Musik und dem Lärm von Menschenmassen, durchquerten wird den Bogen und fanden uns mitten in einem großen Mittelalterspektakel wieder – ziemlich ernsthafte Schwertkampfduelle, Hofnarren und jede Menge Met inklusive.
Das Atomium: Brüssels Wahrzeichen
Nach diesem etwas skurillen aber durchaus interessanten Erlebnis und einigen Stunden Sightseeing, stand für uns lediglich noch das Atomium, das Wahrzeichen Brüssels, auf dem Programm. Dieses erreichten wir allerdings ausnahmsweise nicht zu Fuß, da es vom Parc de Cinquantenaire aus mehr als 10km enfernt liegt. Die beeindruckende Architektur macht einen Abstecher zum Atomium aber in jedem Fall lohnenswert.

Atomium
Zweiter Teil: Belgisches Essen – Ein bisschen Anatomie-Unterricht
Das klingt zunächst einmal wenig appetitlich, deshalb vorweg: Das belgische Essen ist wirklich sehr gut. Französische Einflüsse sind unverkennbar. So lieben die Belgier ebenso kleine Bistro-Tische, Essen in mehreren Gängen, guten Wein und natürlich… Fleisch. Was letzteres betrifft, wird in Belgien gerne alles Tierische verwertet.
Um etwas konkreter zu sein, bestand die Karte des Restaurants unserer Wahl, das klassische belgische Küche servierende Viva M’Boma, überwiegend aus Innereien. Am Nachbartisch gönnten sich einige experimentierfreudige Niederländer das frische (ganze!) Kalbshirn mit hausgemachter Tartar-Sauce, was uns kurzzeitig etwas sprachlos werden ließ. Nach kurzer Aklimatisierung wählten wir dann etwas konservativer und bestellten eine klassische belgische Vorspeisenplatte mit jeder Menge Wurst (Fleisch, wer hätte es gedacht) und als Hauptgang ein Onglet (also ein Steak) und Rindertartar, natürlich jeweils mit den berühmten belgischen Pommes. Das Essen war vorzüglich und deshalb kann ich eine klare Empfehlung an alle Fleischfreunde aussprechen, die sich von einer kleinen Anatomie-Stunde auf dem eigenen Teller oder dem Nachbartisch nicht den Appetit verderben lassen. Das Viva M’Boma findet ihr in der Rue de Flandre 17.

(c) Viva M’Boma
Dritter Teil: Brüssels Bars & Nachtleben
Nach einem gelungenen Dinner stürzten wir uns in das bunte Nachtleben Brüssels. Wir gingen es ruhig an und starteten mit einem entspannten Bier in der Bar des Amis in der Rue Sainte-Catherine, unweit entfernt vom gleichnamigen Platz, der ebenfalls eine nette Anlaufstelle für den ein oder anderen Drink ist.
Brüssel hat nicht nur eine unglaubliche Auswahl an Bier, sondern auch jede Menge liebevoll eingerichtete Pubs und Bars zu bieten, die mich stellenweise an London erinnerten. Wir zogen recht planlos von Location zu Location und hatten einfach einen schönen und entspannten Abend. Zwischenzeitlich legten wir den ein oder anderen Stop ein, um beispielsweise Straßenmusikern vor der Bourse, der Brüsseler Börse zu lauschen.
Irgendwann landeten wir dann in einer sehr kleinen, wenig touristischen Bar, dem Midpoint Café am Port de Flandre. Vor der Bar tummelten sich jede Menge entspannte Menschen, die sicher auch von den mehr als fairen Preisen im Midpoint angelockt wurden. Hier lernten wir dann auch eine Gruppe Musiker kennen, die uns zu einer Party in einer Off-Location, dem Barlok am Brüsseler Hafen einluden. Hier fand gerade das belgische Modular Festival statt, eine Musikrichtung, die für mich schon fast in eine psychedelische Richtung ging. Auch wenn die Musik nicht unbedingt unser Ding war, bot uns der späte Abend die Chance, noch eine ganz andere Seite der Stadt kennenzulernen und mit Brüsselern über „ihre“ Stadt und auch ihre Standpunkte, bspw. zum Thema Europa zu sprechen.
Nach diesem unglaublich langen und spannenden Tag mit vollkommen unerwartetem Ende, kann ich resümierend jedem Brüssel für ein Wochenende ans Herz legen. Die Stadt ist voller Leben, Kunst, Kulinarik und interessanter sowie interessierter Menschen. Und insbesondere die Person, die Brüssel als „keine schöne Stadt“ beschrieb, sollte einen zweiten Anlauf wagen und wird dieses Mal sicher nicht enttäuscht.
2 Kommentare
Hallo Marc,
ein sehr schöner Bericht über meine Lieblingsstadt. Du hast die Atmosphäre sehr schön beschrieben! Fünf Sterne… Kleiner Hinweis: Du sprichst vom „Künstler-Berg“. Die allgemein verwendete deutsche Bezeichnung ist aber „Kunstberg“. Grüße von Helmut Ullrich, Dortmund
Hallo Helmut,
freut mich sehr, dass Dir, als Brüssel-Liebhaber, der Artikel so zusagt.
Und du hast natürlich vollkommen recht: Kunstberg ist der richtige Begriff! 😉 Dank Dir für den Hinweis.
Viele Grüße
Marc